Unter dem Oberbegriff Tango wird sowohl der Tanz als auch die Musikrichtung
Tango verstanden. Dabei hat der Tango auch in der Dichtung und im Gesang
eigenständige Ausdrucksformen hervorgebracht. Der Tango gehört seit September
2009 zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit der UNESCO. Seit dem Ende
des 19. Jahrhunderts hat sich der Tango in verschiedenen Formen von Buenos
Aires aus in der gesamten Welt verbreitet. Zur Unterscheidung gegenüber
dem (gelegentlich europäischer Tango genannten) Standardtango des Welttanzprogramms
wird die ursprünglichere (weniger reglementierte) Form des Tanzes und die
zugehörige Musik weltweit Tango Argentino genannt. Zutreffender als die
Benennung „argentinischer Tango“, durch welche die Uruguayer ausgeschlossen
werden, wäre allerdings die Bezeichnung „Tango rioplatense“, also Tango
vom Río de la Plata. Eine solche begriffliche Unterscheidung ist in Argentinien
selbst nicht üblich, dort spricht man in der Regel schlicht von Tango.
Obwohl es sich beim Tango Argentino im Kern um einen Improvisationstanz
handelt, hat sich eine Vielzahl von Tanzelementen herausgebildet. Für die
Kommunikation zwischen Führendem und Folgendem (bzw. zumeist Folgender)
existiert trotz der Verschiedenheit der Ansätze, die sich innerhalb des
Tango Argentino herausgebildet haben, eine recht einheitlich gehandhabte
Bewegungs-Grammatik. Mit etwas Übung kann ein Tänzer so etwa aus ein und
derselben Ausgangsposition heraus durch subtile aber dennoch klar abgrenzbare
Führungsimpulse deutlich machen, welches der denkbaren Tanzelemente er
als Nächstes auszuführen gedenkt. Auf diese Weise können die Tänzer aus
einem „Baukasten“ von Einzelelementen schöpfen, sie im Einklang mit der
Musik immer wieder neu ausgestalten und kombinieren und so jeden Tanz individuell
gestalten.
Die Grundelemente des Tango Argentino sind zunächst einfaches Gehen, das
„Caminar“, Stopps und Drehungen. Argentinische Tangolehrer entwickelten
als gliederndes Grundelement eine Schrittkombination, die sie „Base“ (oder
„Paso basico“) genannt haben: Sie besteht aus acht Schritten bzw. Positionen
entsprechend den acht Zählzeiten.
Normalerweise folgt auf einen Taktschlag ein Schritt. Es können aber auch
– als große Besonderheit unter den Paartänzen – Pausen eingelegt, oder
die Schritte in ihrer Zeit halbiert werden.[25] Je nachdem, wie der Führende
sich von der Musik leiten lässt oder wie es die Platzverhältnisse auf der
Tanzfläche erlauben, können die Zeitelemente unterschiedlich eingesetzt
werden.
Typische Merkmale des Tanzes sind neben dem engen Kreuzen der Beine („Kreuz“
oder „Cruzada“) die sogenannten „Achten“ bzw. „Ochos“, die vor allem von
den Frauen getanzt werden. Dabei beschreiben die Füße der Tänzerin – wie
der Name sagt – auf dem Boden eine Acht. Diese Acht kann in Vorwärts- wie
Rückwärtsrichtung getanzt werden; mehrere Ochos hintereinander sind durchaus
üblich. Während die Frau solche – natürlich geführten – Ochos tanzt, begleitet
der Mann sie in der Regel mit einfachen seitwärts gerichteten Schritten.
Drehungen („Giros“ oder „Molinetas“ bzw. „Moulinetten“) sind ebenfalls
sehr beliebt; der Mann kann während des Drehens seine Füße an die der Partnerin
stellen oder ihr sogar mit seinen Beinen an den Unter- oder Oberschenkeln
einen leichten Impuls geben (eine Sacada oder Entrada, die aber nicht nur
während einer Drehung getanzt wird). Weitere Elemente sind die Voleos (Beinhaken
in der Luft, auch „Boleo“ geschrieben) und die Ganchos (Beinhaken am Partner/
der Partnerin), mit denen die Bewegungsrichtung schwungvoll geändert wird.
Als aktuellen Trend gibt es noch Techniken mit Achsenkippung: Colgadas
und Volcadas sowie das kurzzeitige Lösen der Tanzhaltung (Soltadas).
Auf einen vollständigen Katalog von Schrittfolgen und Techniken muss hier
allerdings verzichtet werden: Da immer wieder neue Elemente erfunden bzw.
mitunter auch im Tanzen gefunden werden (zum Teil aus Missverständnissen
heraus), und diese Elemente beliebig miteinander kombinierbar sind, ist
es im Grunde unmöglich zu sagen, wie viele „Figuren“ es im Tango Argentino
gibt.
Wichtig ist, dass alle Elemente immer im Bezug zur Musik getanzt werden.
Viele Tangostücke weisen Rhythmuswechsel auf; langsame Passagen alternieren
mit schnellen. Diese unterschiedlichen Tempi gilt es zu interpretieren.
Gleichzeitig muss auf die Partnerin (bzw. auf den Partner) eingegangen,
sowie (wie bei allen Paartänzen) die Tanzfläche im Auge behalten werden,
um Zusammenstöße mit anderen Paaren zu vermeiden. Dies alles macht den
Tango Argentino zu einem anspruchsvollen und sehr interessanten Tanz.